Take Back The Night – in black und mit Kartoffeln

Take Back The Night – in black und mit Kartoffeln

„Da waren nur Frauen, ob mit oder ohne Schwanz, Frauen!“
Alice Fassina

 

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Take Back The Night… in black und mit Kartoffeln!

Alice Fassina ist mit Franceska Welp auf der Feministische Demo gegen Sexismus und patriarchale Gewalt unterwegs.

 

„Für die Walpurgisnacht am 30. April sind wir, die wir uns  Frauen nennen, mit unseren fahrbaren Wäscheständern auf die „Take Back The Night“ Demo in Kreuzberg gerollt. Wir haben für eine Gesellschaft gekämpft, die nicht mehr auf der Unterdrückung von Frauen, Lesben, nichtbinären Inter-, und Trans- Personen basiert.

Unsere Waffen waren von uns gerettete schwarze Kleidungsstücke und Kartoffeln. Mit uns ist die leckere Knolle diesmal nicht auf dem Teller, sondern auf den Textilien gelandet. Kartoffeldruck als Kampfmittel für feministische Ideale! Buchstabe um Buchstabe haben wir feministische Sprüche formuliert… women empowering à la STREETWARE!

Eine Frau mit weiblichem Geschlechtsorgan, die gerne wandert? Eine Vag(in)abundin! Oder eine Clit from the Streets! Und manchmal reicht es, einen Kleiderbügel umzudrehen, als  Zeichen häuslicher Revolte.

Die Kleidung an unserem Wäscheständer hat sowohl die besonders wütenden  Mitstreiterinnen als auch zurückhaltenderen Frauen angemacht. Eines hat sie noch mehr verbunden: mit Stolz ihre neue Teilen zu tragen!“

 

 

Kein Gott. Kein Staat. Kein Patriarchat.
Franceska Welp dokumentiert den Protestzug von Alice Fassina | STREETWARE am 30.4.2021 durch Kreuzberg.

Zeichenblog/ck 1

Zeichenblog/ck 1

ZEICHENBLOG/CK 1- KW 16/ 17

Dr. Lina Tegtmeyer

„Ali – wir kommen der Sache näher“  –  Kinderwagen und Wäscheständer werden zum Hybridfahrzeug mit Rischkafunktion umgebaut.

fashion revolution im Bermuda Dreieck

fashion revolution im Bermuda Dreieck

fashion revolution:  STREETshopping Touren durch Neukölln mit Alice Fassina | barbara caveng | Jan Markowsky | KDindie | Stella Cristofolini | begleitet von  Aïcha Abadi & Lina Tegtmeyer | fotografiert von Paolo Gallo

 

fashion revolution im Bermuda Dreieck

STREETshopping mit Jan & barbara

 

Er fragt nach einer Capri-Hose oder Bermuda-Shorts.
Am Reuterplatz erinnert ansonsten wenig an die Sandstrände der Inselreiche.

Die Bezeichnungen für die Beinlänge von Freizeithosen stehen in Diskrepanz zur Lebenswirklichkeit der Menschen, die sich um den verrammelten Kiosk sammeln.  Am Wodka wird nicht mit buntem Strohhalm genippt. Kein Sonnenschirmchen ziert das Leben.

STREETshopping: Stephan entscheidet sich für das rot-schwarz karierte Holzfällerhemd, Martin für den grauen Hoodie mit türkisfarbenem Reißverschluss. Michaels Wunsch nach einer Hose mit Beinfreiheit kommt auf die Liste. Eine Frau meldet ihren Bedarf an leichten, also in etwa mit 30-40 Den gewirkten Leggings an.

fashion revolution: Jan lenkt unsere fahrbare STREETWARE Kleiderkammer entlang des Lebens  auf der Straße durch den Kiez – die Ware, gewaschen und am Wäscheständer drapiert, findet ihre Abnehmer:innen. Die Leinen bleiben nicht lange frei, sondern füllen sich mit neuen, alten Kleidungsstücken – Lumpen, die wir aus dem Rinnstein heben oder vom Asphalt aufgreifen.

Als wir um 12.30 loszogen, hatte die Tour von  Stella und Alice die beiden Lumpensammler:innen längst vom Prenzl.Berg in den Wedding geführt.

Im  Verlauf des Tages  würden KDindie und  ich die Räder des Wäscheständers ob der Frage nach dem Normativ  geschlechtdefinierter Kleidung  Piroutten drehen lassen und Alice mit Gäst:innen auf den Spuren von green fashion durchs Wunderland der nachhaltigen Mode Kreuzkölln durchwandern.

barbara 

STREETshopping mit Stella & Alice

vom Prenzlauer Berg nach Wedding und Stella alleine den Weg zurück

Samstag Morgen um 9.oo gleicht der Prenzlauer Berg einem Dorf. Die Sonne scheint, es herrscht Ruhe, die Straßen sind aufgeräumt. „STREETWARE“ finden wir vor Allem säuberlich gefaltet und frisch gewaschen in „zu verschenken“-Kartons, also nicht unbedingt das, was wir suchen. Im konsumfreudigen Prenzlauer Berg hat sich diese Art der Kreislaufwirtschaft etabliert…aber auch zu DDR-Zeiten wurden hier schon regelmäßig Container aufgestellt, in die alle Anwohner*innen nicht mehr benötigte Sachen tun- oder sie entnehmen- konnten.

Auf dem Weg Richtung Wedding wird´s dann wilder, wir finden alle möglichen Klamotten auf der Straße, Perücken, Socken, Einhornmütze, bedruckte und beschriftete T-Shirts („Now-Here“ und „be reasonable- demand the impossible“)…nach 4 Stunden kehre ich mit vollbehängtem Wagen in den Prenzlauer Berg zurück. Unterwegs gab es viele schöne Begegnungen und Gespräche mit Menschen auf der Straße, und einige Kleidungstücke bin ich direkt wieder los geworden…

Stella 

STREETshopping mit KDindie & barbara

degendering fashion – ein Versuch am eigenen Leibe

KDindie

Strolling, rolling, hopping through the streets of Berlin with STREETWARE saved item won’t have been more fun during fashion revolution week. The gender bender walk talk with barbara caveng took us Kdindie out of the comfort zone…really?! Yes, because didn’t want to dress that female dress…but in the end realized was just a male stress. What are we looking for? The i-dentity, the eye contact, the perception of others about us. What to wear, an item or the i-them? The only item Berlin streets has given me that day was a toiletry bag with a teddy bear printed on acid green that matched perfectly with the long sleeve shirt. Street shopping happy kid 😉 

 (englischer Originaltext)

 

Schlendern, rollen, hüpfen durch die Straßen Berlins mit STREETWARE saved item hätte während der Fashion Revolution Week kein größerer Spaß sein können. Der Gender-Bender-Walk-Talk mit barbara caveng hat uns, KDindie aus der Komfortzone geholt…wirklich?! Ja, weil wir das weibliche Kleid nicht anziehen wollten…aber am Ende wurde klar, dass es nur ein männlicher Stress war. Wonach suchen wir? Die Ich-Identität, den Blickkontakt, die Fremdwahrnehmung . Was anziehen, ein ‚Item‘, einen Gegenstand oder geht es um das  ‚I-Them‘ , das ‚Ich – sie‘ ? Der einzige Gegenstand, den mir Berlins Straßen an diesem Tag geschenkt haben, war ein Kulturbeutel mit einem Teddybär, der auf säuregrünem Grund gedruckt war und perfekt zum Langarmshirt passte.
Street Shopping happy kid 😉

(Übersetzung)

barbara

Die Frau auf den Fotos find ich cool – wie die da steht, in violetter Gymnastikhose mit leichtem Schlag, eine farblich Reminiszenz an die militanten Forderungen der Feministinnen der second wave – damals in den 80er Jahren. Die Micky Mouse auf der Brust grinst, eher naiv denn ironisch, fern jeglicher Bay-Watch–Erotik, ein Capy mit Goldstickerei – Club Ästhetik der 90er. Kind sein, lass uns spielen…. Der Blick der Frau fällt durch die rosa getönten Gläser ihrer Sonnenbrille auf das Hinterteil eines vornüber gebeugten Körpers. Die Pose assoziiert sexuelle Handlung. Die Frau stützt ihren linken Unterarm auf dem Wäscheständer ab – der rollenden STREETWARE-Kleiderkammer, Hybridfahrzeug durch den Kiez zum STREETshopping, öffentliche Filiale des Kleiderschrankes.  

Ihre Haltung wirkt überlegen, dominant. Über ihrem Schamdreieck wölbt sich die Unterhose, eine klassische Boxer-Short, auf der genitalbetonenden Mittelnaht ist ein Schriftzug appliziert: HIGH PERFORMANCE. Das Modell stammt aus der STREETWARE Kollektion patriarchal-toxischer Unterhosen.

Die Frau bin ich, in den Kleidungsstücken, die zuvor KDindie, meine Kolleg:in und tanzschaffende Performer:in getragen hatte auf unserer STREETshopping Tour, degendering fashion‘. Nur die Unterhose hatte ich in meinem Handtäschchen mitgetragen. Für alle Fälle.

Wir hatten ein ausrangiertes Sofa in den Straßen Neuköllns zur Bühne gemacht und im verspielten Strip die Kleidung getauscht. Ich hatte mich unwohl gefühlt. Ich konnte meinen Körper nicht mehr spüren, ich hatte das Bild von mir verloren.

Die Person auf dem Foto finde ich cool. Ist es eine Frau? Bin ich es?

Nachtag

Heute, am 2. Mai, beim morgendlichen Laufen entkleidete ich einen Laternenpfahl in der Allerstraße/ Ecke Lichtenradener.
Das Rot entpuppte sich zu zwei Anzügen, Strampler für Erwachsene, mit aufknöpfbarem Hinterteil, eine L , eine M.
Urban Degendered Outfit  für unsere nächste Performance….

STREETshopping mit Alice 

green fashion mit Andrea, Massimiliano, Marina 
aufgezeichnet von Lina

Made in Berlin nicht in Bangladesh, slow statt fast, zeitloses Design, welches nicht dem Wandel der Jahreszeiten unterliegt.
Alice kennt die die Labels und Ateliers in Neukölln und Kreuzberg, die solchen Grundsätzen in ihrer Modeproduktion folgen und führt ihre Gäst:innen Andrea, Massimiliano und Marina zu C/V Corvera Vargas und Kollateralschaden.

Unsere wissenschatliche Begleiterin Dr. Lina Tegtmeyer zeichnet die Tour auf.

In Kooperation mit greenfashion tours.

STREETWARE X FASHION REVOLUTION

 

Fashion Revolution hat sich nach der Rana Plaza-Katastrophe im Jahr 2013 gegründet und bis heute zur weltweit größten Modeaktivismus – Bewegung entwickelt, die Bürger, Industrie und politische Entscheidungsträger durch Forschungs-, Bildungs- und Lobbyarbeit mobilisiert.

Die Fashion Revolution Week findet jedes Jahr in der Woche um den 24. April statt, dem Jahrestag der Rana Plaza-Katastrophe in Bangladesch. Das Rana Plaza-Gebäude beherbergte eine Vielzahl von Bekleidungsfabriken, in denen rund 5.000 Menschen beschäftigt waren. Diese Menschen stellten Kleidung für zahlreiche der größten globalen Modemarken her.  Das Gebäude stürzte ein, tötete 1.134 Menschen und verletzte mehr als 2.500 weitere.  Damit errang das Unglück  den vierten Platz innerhalb der Geschichte  der  Industriekatastrophen. Die Opfer waren überwiegend junge Frauen. Während der Fashion Revolution Week erinnern wir uns an die verlorenen Leben und fordern, dass niemand für Mode sterben muss. Es ist die Zeit, in der wir als globale Gemeinschaft zusammenkommen, um eine bessere Modeindustrie zu schaffen. 

Die Revolution findet auf der Straße statt: Schritte auf dem Asphalt machen die Melodie zum politischen Manifest. Entscheidungen werden im Schweigemarsch  eingefordert, Fäuste ballen sich zur skandierten Parole. Wir verstehen  fashion revolution  als Herausforderung unsere gewohnten Denkmuster, Produktionsweisen und  Konsumverhalten nicht nur zu überdenken, sondern als Aufforderung, diese radikal zu verändern. 
Am Samstag, den 24.4.2021 waren wir die Guides am  Wäscheständer zum
 STREET shopping –  Alice & Stella, KDindie, Jan & barbara setzten dabei eigen Tourenschwerpunkte: Jan rollt entlang eines Lebens auf der Straße,  Alice manöverierte den Wäscheständer an der Schnittstellen von Konsum und Nachhaltigkeit auf der Suche nach green fashion, barbara und KDindie  folgen den Spuren von [Geschlechter]Itdentität im Urbanen und Stella interessiert sich für Objekte, die sie findet ohne sie gesucht zu haben.

FEELING AND (THE ABSENCE OF) COLOUR

Aïcha Abbadi

KW 16

FEELING AND (THE ABSENCE OF) COLOUR

 

 „I was always attracted by that box of costumes, carnival costumes.

And most of the time my choice was actually for the princess costumes,
with these beautiful embroideries and shining colours.

[…] we didn’t have the mirror in that school during that playground hour.

[…] It was this sense of beauty of the flowing from my waist down to the ground.

[…] how I could change my shape by moving with that costume.

[…] Maybe I was still keeping the trousers underneath.

[…] I think we were not allowed to undress totally.“

Kdindie

„Paar Leute wollen oft nur Schwarz tragen. Ich war aber immer eher ein Freund von heller Kleidung.
[…] Einmal habe ich ein weißes, noch eingeschweißtes Hemd von der Kleiderkammer bekommen – weil ich immer sauber bleibe – das haben nicht alle bekommen.
[…] Dann habe ich aber versehentlich einmal Erbsensuppe über die helle Kleidung gekippt.“

Jan

 

„I pick only things in the right size. Things that match my gender, practical items I can wear on a bike.
[…] The first item I found were very comfortable trousers/sweats – my favourite, long, grey, – very German!
I wear them all the time. How it feels is important. But I would never otherwise have chosen them in a shop.
[…] When I wear them I turn into a grey person.“

Daniela

 

 „Nach einer Performance ziehe ich diese grauen Stricksachen an. Um wieder zurück zu mir selbst zu finden.“

barbara

„I was missing something to black the outfit

[…] Now I feel comfortable. With the black and white over it.“

Kdindie

„I didn’t understand myself in that Mickey Mouse T-shirt.“

barbara

Ein Zeichenblog/ck/ zur Präsentation der wissenschaftlichen Aufzeichnung des partizipativen Kunstprojekts STREETWARE saved item—warum?

Ein Zeichenblog/ck/ zur Präsentation der wissenschaftlichen Aufzeichnung des partizipativen Kunstprojekts STREETWARE saved item—warum?

(Hintergründe dieses Formats)

Dr. Lina Tegtmeyer

1) Die Wissenschaft befindet sich aktuell in einer ganz neuen Krise: Es gibt aufgrund technischer und nationalstaatlicher Veränderungen weltweit veränderte Formen der Wissensgenerierung. Ferner entwickelt und präsentiert sich zunehmend eine Popularisierung von „Wissen“ und Wissenschaft, die der Auflösung vorhergehender Strukturen in und von Wissenschaftlichkeit staatsgrenzend übergreifend unkontrollierbar floriert und jegliche Dimensionen der Vorstellungskraft zu sprengen scheint.

2) Parallel zur textlichen-sprachlichen Inflation von „Wissen“ gibt es eine immense Bilderflut, vor allem an photographischem Material, also die Photographie und Film als Bewegtbild. Über traditionelle Medien und das Internet erfolgt auch hier eine scheinbar grenzenlose Verbreitung an Massenware Photo-Bild. 

3) Die freie Kunst wird vor allem in Deutschland der Wissenschaft gerne noch klassisch dialektisch als Konträres gegenüber gestellt. Die Handzeichnung—vor allem eine als expressionistisch-experimentell kategorisierte—gilt als besonders verrufenes Material zur Beweisführung in der Wissenschaft.

4) Die Ethnographische Feldforschung arbeitet allerdings seit vor Erfindung der Photographie bzw. ihrer demokratischen Massenverbreitung, mit der Methode der handgefertigten Skizze. Diese wurde allerdings selten als Endresultat präsentiert, sondern diente als Vorlage oder Erinnerung/Gedankenstütze. Sie wurde früher oft von Experten [sic] und nicht den Forschenden selber angefertigt.

5) In meiner Forschung beschäftige ich mit seit 2014 mit der experimentellen Handzeichnung als Methode, und zwar, mit dem Interesse, die Zeichnung in ihrer Unmittelbarkeit als Bestandsaufnahme des Momentes stehen zu lassen—unverändert.

Die Zeichnung ist hier eine Form der Aufzeichnung der Situation, der sehr offensichtlich die Sichtweise der Auf-Zeichnerin im Nachhinein auf dem Papier erkennen lässt. Die Zeichnungen werden in der Situation angefertigt, manche sind absolut unvollständig, wenn etwa die Situation sich vor meinen Augen auflöst, weil jemand die Szenerie verlässt. Es entstehen immer reihenweise schnell skizzierter Zeichnungen, die dann in der Reihe gesammelt und gezeigt werden können. Die Herausforderung, mit weniger Textaufzeichnungen auszukommen ist Teil dieses Arbeitsansatzes, der allerdings selten gänzlich gelingt

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