Lumpen-Peep-O-Rama
Lumpen-Peep-O-Rama
Performance in den Fenstern der Galerie Nord/ Kunstverein Tiergarten am 1.12.2022 (c)Joachim Gern & Paolo Gallo
I’M ONLY HUMAN AFTER ALL
I’M ONLY HUMAN AFTER ALL
DON’T PUT YOUR BLAME ON ME,
DON’T PUT YOUR BLAME ON ME
Rag ’n‘ Bone man
my body my choice – der Freiheitskampf von Lumpen und Gesindel
Welche Bedeutung hat Kleidung wenn’s ums nackte Überleben geht? Wenn vestimentäre Codes zum existenziellen Bekenntnis werden und wenn mit der Verweigerung, einer bestimmten Kleiderordnung folgen zu leisten, das Leben an einem Haar hängt? Welcher Ethik folgt der Militäry-Chic und wes Gesinnung kaschiert die Camouflage? Was verleiht dem stählernen Körper in einer Uniorm, die die Bereitschaft zum Töten signalisiert, Sex-Appeal und welche Botschaft sendet eine First Lady vom Cover der Vogue?
Wo:men. Life. Freedom
Performer:innen von STREETWARE haben sich mit ihren Körpern, den eigenen und fremden Vorstellungen davon auseinandergesetzt, stellten uniformierte Ästhetiken zur Debatte und verwandelten die Fenstern der Galerie Nord in einen entgrenzen Raum: Schaut uns an! Alice, barbara, Flora, Jan, KDindie, Lotti, Nazanin und Oksana haben ihre Körper Publikum und Passant:innen dargeboten, sich verhüllt und entblättert, ihre Körperlichkeit verformt und ihr Antlitz verzerrt. Sie haben ihr perfektes Imperfekt formuliert und mit dem bad-bitch Image geflirtet, dem Körperkult gefrönt und sich gegenseitig die Achselhaare gebürstet. Pobacken links und rechts vom Tangastring forderten den Blick heraus und luden zum visuellen Spaziergang über Körperlandschaften ein: Tu mir [nicht] weh!
I am only human after all, don’t put your blame on me!
Peep O Rama
von Boris Steinberg 2022
Am Ende des Kaleidoskops
zeigt sich
die Peep Show des Lebens
Essenz unseres Seins
im Labyrinth ohne Ende
Mosaike und Farben
Gesichter und Hände
Hereinspaziert, Hereinspaziert !
Eintritt ist Frei !
Schaufensterartikel
die Peep Show beginnt
Komm, sei dabei…!
Peep-o-Rama
Feind küsst Feind
Krieg umarmt Frieden
Liebe küsst Hass
und Dass
was bisher vermieden
wird unumgänglich
nun sein…
Gesindel tanzt
in Haute Couture
High Fashion
mutiert zu Lumpen
Löcher und Strass
trägt jedes Gewand
Risse und Wunden
trägt jedes Kleid
Und alle Sinne bereit
am Puls der Zeit
Es peepten:
Flora Carmim | barbara caveng | Alice Fassina | Kdindie | Jan Markowsky | Oksana Moskovchenko | Lotti Seebeck | Nazanin Shamloo | leider erkrankt: Boris Steinberg
Fotos: Paolo Gallo & Joachim Gern
Technik: Stephan Kolb und Mitarbeiter:innen der Galerie
Idee und Probenleitung: barbara caveng
Organisation und Managment: Alice Fassina
Flora Carmim
ist sprachsüchtig. Deutsch hat sie unter anderen sogar studiert, Bassgitarre war das erste Teenager-Instrument, danach kamen Gitarre, Cavaquinho – aber Stimme besetzt den Lieblingsplatz in ihrem Herzen. Drag-Performance ist, wie sie am liebsten auf den Straßen und öffentlichen Bühnen wirkt.
barbara caveng
ist eine international arbeitende interdisziplinäre Künstlerin mit Schwerpunkten in der künstlerischen Praxis des dreidimensionalen Gestaltens, partizipativer Kunst, Interventionen und Performances.
Alice Fassina
ist Beobachterin, Japanologin und Kostümbildnerin, deren künstlerischer Ansatz und deren Arbeitsprozessen auf Nachhaltigkeit und Circular Economy beruhen. Ihr Fachwissen über die Alternativen zur Fast Fashion vermittelt sie Fashion vermittelt sie als Guide, Dozentin und Workshopleiterin in vielfältige Kooperation u.a. mit Circular Berlin, Green Fashion Tours, kommunalen Einrichtungen und Bildungsinstituten.In den letzten Jahren war sie Mitgestalterin des partizipative Kunstprojekt STREETWARE saved item und arbeitete in verschiedenen kulturellen und künstlerischen Projekten mit jungen Menschen aus unterschiedlichen Backgrounds. Der Austausch mit den neuen Generationen ist ihr wichtig, da auch eine indirekte und nachhaltige Gestaltung der Zukunft ermöglicht.
Kdindie
ist eine in Berlin lebende italienisch-polnische Performance-Künstler:in. Dey kreiert Körperarchitekturen an der Schnittstelle von Tanz, Theater und Kostümdesign. Durch selbst geschaffene visionäre Charaktere regt dey die Vorstellungskraft der Menschen mit einem queeren, dekolonialen Ansatz an. Mit der kreativen Methode indiemotion fördert KDindie bewusste Bewegungspraktiken und schafft Brücken zwischen verschiedenen Gemeinschaften, um “einzigartig und vereint zu sein“.
Jan Markowsky
war Ingenieur in der DDR, in Ost- und Westberlin. Kontakt zu Andersdenkenden durch Dissidenten in Jena nach Inhaftierung und nachfolgender Abschiebung seines Bruders Bernd nach Westberlin im Zusammenhang mit der Ausbürgerung von Wolf Biermanns. Ausreise nach Berlin-West 1984. Diverse Jobs als Energieberater und Ingenieur für Haustechnik. Im Januar 2000 das Büro nach Streit mit dem Chef verlassen, danach die Wohnung:
„Als flexibler und offener Mensch insgesamt gut mit dem Leben ohne Wohnung klargekommen. Habe Zeit gehabt, mich in Vorbereitung und Nachbereitung eines Essens für Obdachlose zu beteiligen, Theater zu spielen, Vorträge zu halten, in politischen Gremien mitzureden. Nach einigen Jahren regelmäßig Beiträge für das soziale Straßenmagazin „strassenfeger“ verfasst und später beim strassenfeger radio mitgewirkt. In der Zeit oft fotografiert und interviewt worden.
Credo: Ich habe nichts zu verbergen, ich kann mich zeigen“
Oksana Moskovchenko
„Geboren und aufgewachsen in der Ukraine. Ich habe viel Zeit mit Menschen verbracht, da ich von Beruf Krankenschwester bin. Allerdings war ich oft in Kiew, wo die Treffen der ukrainischen Journalistenstiftung stattfanden, weil meine Mutter Journalistin ist und ich ihr bei ihrer Arbeit half. Ich liebe Kreativität und Kunst sowie das Lernen von Neuem, das Lernen von interessanten Menschen.
Ich schätze Offenheit und Respekt für persönliche Grenzen bei Menschen.
Jetzt lerne ich Deutsch, und ich lerne, in einem neuen Land zu leben und die dortige Mentalität zu verstehen. Ich bin wegen des Krieges, den Russland in meinem Land begonnen hat, nach Deutschland gegangen.
Jetzt fällt es mir schwer zu denken und zu planen, aber ich möchte hier auf jeden Fall eine Arbeit finden, vielleicht nicht im medizinischen Bereich, denn ich bin offen für Neues, und ich möchte denen helfen können, die in der Ukraine geblieben sind.“
Lotti Seebeck
ist Künstlerin und Kulturorganisatorin und entwickelt seit einigen Jahren in kollektiven Formationen Performances, die soziale Fragestellungen in die Öffentlichkeit tragen. Intervention und ortsspezifische Recherche sind immer ein wichtiger Teil ihrer Arbeiten. Sie ist Teil der Initiative Common Ground an der Universität der Künste Berlin, die marginalisierten Kunstschaffenden einen akademischen Zugang zu den Künsten verschafft und entwickelt eigene Projekte zu Community-Building, urbaner Transformation und Anti-Diskriminierung.
Nazanin Shamloo
ist im Iran geboren und aufgewachsen. Im Dunstkreis der intellektuellen Familien von Ahmad Shamloo und dem Zeitungsinhaber Towfigh war ihre Biografie schon immer mit den politischen Ereignissen des Landes stark verwoben. Als Einzelkind der früh geschiedenen Eltern hat sie ihre Schulzeit an den Deutschen Schulen in Teheran, Paris, Wien und Odenwald verbracht, um anschließend in Essen Medizin zu studieren und führt seit dem 34.Lebensjahr ihre Praxis für Psychotherapie in Essen. Sie hat früh, mit 21 Jahren und spät, mit 40 Jahren drei Kinder bekommen. Sie tanzt und singt ihr ganzes Leben und die letzten 15 Jahre zunehmend intensiver und verfolgt diese leidenschaftlich in ihrer künstlerischen Heimat Berlin
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