TEXTILE FORENSIK

VORWÄSCHE

Katzen aus Dubai

Katzen aus Dubai – Illustration © barbara caveng

Eine wahre Geschichte aus der Oderstraße in Neukölln, erlebt am 3.4.2023

Ich zweifelte an der Welt, ich zweifelte an mir und am allermeisten an meinem Hörvermögen. Unterlag ich einer akustischen Täuschung, litt ich unter Hypakusis, einer sensorineuralen Schwerhörigkeit?

Reichte mein Hörvermögen auf dem linken Ohr nicht mehr aus, die Worte in dem von der Sender:in beabsichtigten Sinnzusammenhang zu empfangen? Oder anders gesagt, hatte ich die Freiheit erlangt, Geschichten zu vernehmen, die so nicht erzählt worden sind?

Ich suchte im Gesicht des Gegenübers nach einer Deutung des Gesagten, wie ich es vernommen hatte. „Meine Katzen aus Dubai.“ Vorsichtig, fast schon verschämt, wagte ich eine Wiederholung der letzten beiden Worte: „… aus… Dubai….“

Der Tag hatte bis zu diesen spätnachmittäglichen Stunden einiges an Seelenschmerzen bereitgehalten und so schien es mir möglich, dass meine Psyche sich anderen Realitäten zugewandt hatte, und zwar offensichtlich solchen, in denen zwar keinen Grinsekatzen, aber immerhin Katzen aus Dubai über die Blechdächer spazierten. Deren Existenz wurde mir nun von meiner Gesprächspartnerin bestätigte: „Ja“, fügte sie meinem Gemurmel hinzu, „gerade letzte Woche, habe ich vier Katzen aus Dubai am Flughafen abgeholt“!

In der Spiegelung ihrer Pupillen, sah ich die vier Katzen mit glühenden Augen und gespreizten Gliedmaßen über das türkisch-syrische Erdbebengebiet fliegen. Zum Landen in Tegel – von Katzen und anderen außerordentlichen Flugwesen ist der für den standardmäßigen Luftverkehr geschlossene Flughafen anzusteuern- sträubten sie die Haare und richteten durch Körperkontraktion ihren Buckel hoch auf, leiteten den Bremsvorgang ein, indem sie ihre Krallen ausfuhren und beim Landen in den Grund bohrten, um abrupt zum Stillsand zu kommen.

„Vielleicht könnten Sie auch mal mit meinen Katzen am Wäscheständer durch die Stadt rollen?“

Wow…. Ich brauchte etwas Zeit, um in meiner Vorstellung das Bild zu generieren, anstelle von STREETWARE mit Katzen am rollenden Clothes Horse durch Neuköllln zu flanieren.
Würden sich die Tiere an die Wäscheleinen klammern oder wie nasse Lappen über zwei Plastikschnüren hängen oder, den Schwanz einhakt, im Rhythmus des Kopfsteinpflasters mitschwingen?

Ich zog es vor, zum jetzigen Zeitpunkt keine Zusage zu machen, sondern die Anfrage sorgfältig zu prüfen und so verabschiedete mich – dies allerdings beglückt ob der Erkenntnis, dass Realität und Phantasmorgie nur zwei unterschiedliche Wahrnehmungsperspektiven beschreiben.

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