fashion revolution im Bermuda Dreieck

fashion revolution im Bermuda Dreieck

fashion revolution:  STREETshopping Touren durch Neukölln mit Alice Fassina | barbara caveng | Jan Markowsky | KDindie | Stella Cristofolini | begleitet von  Aïcha Abadi & Lina Tegtmeyer | fotografiert von Paolo Gallo

 

fashion revolution im Bermuda Dreieck

STREETshopping mit Jan & barbara

 

Er fragt nach einer Capri-Hose oder Bermuda-Shorts.
Am Reuterplatz erinnert ansonsten wenig an die Sandstrände der Inselreiche.

Die Bezeichnungen für die Beinlänge von Freizeithosen stehen in Diskrepanz zur Lebenswirklichkeit der Menschen, die sich um den verrammelten Kiosk sammeln.  Am Wodka wird nicht mit buntem Strohhalm genippt. Kein Sonnenschirmchen ziert das Leben.

STREETshopping: Stephan entscheidet sich für das rot-schwarz karierte Holzfällerhemd, Martin für den grauen Hoodie mit türkisfarbenem Reißverschluss. Michaels Wunsch nach einer Hose mit Beinfreiheit kommt auf die Liste. Eine Frau meldet ihren Bedarf an leichten, also in etwa mit 30-40 Den gewirkten Leggings an.

fashion revolution: Jan lenkt unsere fahrbare STREETWARE Kleiderkammer entlang des Lebens  auf der Straße durch den Kiez – die Ware, gewaschen und am Wäscheständer drapiert, findet ihre Abnehmer:innen. Die Leinen bleiben nicht lange frei, sondern füllen sich mit neuen, alten Kleidungsstücken – Lumpen, die wir aus dem Rinnstein heben oder vom Asphalt aufgreifen.

Als wir um 12.30 loszogen, hatte die Tour von  Stella und Alice die beiden Lumpensammler:innen längst vom Prenzl.Berg in den Wedding geführt.

Im  Verlauf des Tages  würden KDindie und  ich die Räder des Wäscheständers ob der Frage nach dem Normativ  geschlechtdefinierter Kleidung  Piroutten drehen lassen und Alice mit Gäst:innen auf den Spuren von green fashion durchs Wunderland der nachhaltigen Mode Kreuzkölln durchwandern.

barbara 

STREETshopping mit Stella & Alice

vom Prenzlauer Berg nach Wedding und Stella alleine den Weg zurück

Samstag Morgen um 9.oo gleicht der Prenzlauer Berg einem Dorf. Die Sonne scheint, es herrscht Ruhe, die Straßen sind aufgeräumt. „STREETWARE“ finden wir vor Allem säuberlich gefaltet und frisch gewaschen in „zu verschenken“-Kartons, also nicht unbedingt das, was wir suchen. Im konsumfreudigen Prenzlauer Berg hat sich diese Art der Kreislaufwirtschaft etabliert…aber auch zu DDR-Zeiten wurden hier schon regelmäßig Container aufgestellt, in die alle Anwohner*innen nicht mehr benötigte Sachen tun- oder sie entnehmen- konnten.

Auf dem Weg Richtung Wedding wird´s dann wilder, wir finden alle möglichen Klamotten auf der Straße, Perücken, Socken, Einhornmütze, bedruckte und beschriftete T-Shirts („Now-Here“ und „be reasonable- demand the impossible“)…nach 4 Stunden kehre ich mit vollbehängtem Wagen in den Prenzlauer Berg zurück. Unterwegs gab es viele schöne Begegnungen und Gespräche mit Menschen auf der Straße, und einige Kleidungstücke bin ich direkt wieder los geworden…

Stella 

STREETshopping mit KDindie & barbara

degendering fashion – ein Versuch am eigenen Leibe

KDindie

Strolling, rolling, hopping through the streets of Berlin with STREETWARE saved item won’t have been more fun during fashion revolution week. The gender bender walk talk with barbara caveng took us Kdindie out of the comfort zone…really?! Yes, because didn’t want to dress that female dress…but in the end realized was just a male stress. What are we looking for? The i-dentity, the eye contact, the perception of others about us. What to wear, an item or the i-them? The only item Berlin streets has given me that day was a toiletry bag with a teddy bear printed on acid green that matched perfectly with the long sleeve shirt. Street shopping happy kid 😉 

 (englischer Originaltext)

 

Schlendern, rollen, hüpfen durch die Straßen Berlins mit STREETWARE saved item hätte während der Fashion Revolution Week kein größerer Spaß sein können. Der Gender-Bender-Walk-Talk mit barbara caveng hat uns, KDindie aus der Komfortzone geholt…wirklich?! Ja, weil wir das weibliche Kleid nicht anziehen wollten…aber am Ende wurde klar, dass es nur ein männlicher Stress war. Wonach suchen wir? Die Ich-Identität, den Blickkontakt, die Fremdwahrnehmung . Was anziehen, ein ‚Item‘, einen Gegenstand oder geht es um das  ‚I-Them‘ , das ‚Ich – sie‘ ? Der einzige Gegenstand, den mir Berlins Straßen an diesem Tag geschenkt haben, war ein Kulturbeutel mit einem Teddybär, der auf säuregrünem Grund gedruckt war und perfekt zum Langarmshirt passte.
Street Shopping happy kid 😉

(Übersetzung)

barbara

Die Frau auf den Fotos find ich cool – wie die da steht, in violetter Gymnastikhose mit leichtem Schlag, eine farblich Reminiszenz an die militanten Forderungen der Feministinnen der second wave – damals in den 80er Jahren. Die Micky Mouse auf der Brust grinst, eher naiv denn ironisch, fern jeglicher Bay-Watch–Erotik, ein Capy mit Goldstickerei – Club Ästhetik der 90er. Kind sein, lass uns spielen…. Der Blick der Frau fällt durch die rosa getönten Gläser ihrer Sonnenbrille auf das Hinterteil eines vornüber gebeugten Körpers. Die Pose assoziiert sexuelle Handlung. Die Frau stützt ihren linken Unterarm auf dem Wäscheständer ab – der rollenden STREETWARE-Kleiderkammer, Hybridfahrzeug durch den Kiez zum STREETshopping, öffentliche Filiale des Kleiderschrankes.  

Ihre Haltung wirkt überlegen, dominant. Über ihrem Schamdreieck wölbt sich die Unterhose, eine klassische Boxer-Short, auf der genitalbetonenden Mittelnaht ist ein Schriftzug appliziert: HIGH PERFORMANCE. Das Modell stammt aus der STREETWARE Kollektion patriarchal-toxischer Unterhosen.

Die Frau bin ich, in den Kleidungsstücken, die zuvor KDindie, meine Kolleg:in und tanzschaffende Performer:in getragen hatte auf unserer STREETshopping Tour, degendering fashion‘. Nur die Unterhose hatte ich in meinem Handtäschchen mitgetragen. Für alle Fälle.

Wir hatten ein ausrangiertes Sofa in den Straßen Neuköllns zur Bühne gemacht und im verspielten Strip die Kleidung getauscht. Ich hatte mich unwohl gefühlt. Ich konnte meinen Körper nicht mehr spüren, ich hatte das Bild von mir verloren.

Die Person auf dem Foto finde ich cool. Ist es eine Frau? Bin ich es?

Nachtag

Heute, am 2. Mai, beim morgendlichen Laufen entkleidete ich einen Laternenpfahl in der Allerstraße/ Ecke Lichtenradener.
Das Rot entpuppte sich zu zwei Anzügen, Strampler für Erwachsene, mit aufknöpfbarem Hinterteil, eine L , eine M.
Urban Degendered Outfit  für unsere nächste Performance….

STREETshopping mit Alice 

green fashion mit Andrea, Massimiliano, Marina 
aufgezeichnet von Lina

Made in Berlin nicht in Bangladesh, slow statt fast, zeitloses Design, welches nicht dem Wandel der Jahreszeiten unterliegt.
Alice kennt die die Labels und Ateliers in Neukölln und Kreuzberg, die solchen Grundsätzen in ihrer Modeproduktion folgen und führt ihre Gäst:innen Andrea, Massimiliano und Marina zu C/V Corvera Vargas und Kollateralschaden.

Unsere wissenschatliche Begleiterin Dr. Lina Tegtmeyer zeichnet die Tour auf.

In Kooperation mit greenfashion tours.

STREETWARE X FASHION REVOLUTION

 

Fashion Revolution hat sich nach der Rana Plaza-Katastrophe im Jahr 2013 gegründet und bis heute zur weltweit größten Modeaktivismus – Bewegung entwickelt, die Bürger, Industrie und politische Entscheidungsträger durch Forschungs-, Bildungs- und Lobbyarbeit mobilisiert.

Die Fashion Revolution Week findet jedes Jahr in der Woche um den 24. April statt, dem Jahrestag der Rana Plaza-Katastrophe in Bangladesch. Das Rana Plaza-Gebäude beherbergte eine Vielzahl von Bekleidungsfabriken, in denen rund 5.000 Menschen beschäftigt waren. Diese Menschen stellten Kleidung für zahlreiche der größten globalen Modemarken her.  Das Gebäude stürzte ein, tötete 1.134 Menschen und verletzte mehr als 2.500 weitere.  Damit errang das Unglück  den vierten Platz innerhalb der Geschichte  der  Industriekatastrophen. Die Opfer waren überwiegend junge Frauen. Während der Fashion Revolution Week erinnern wir uns an die verlorenen Leben und fordern, dass niemand für Mode sterben muss. Es ist die Zeit, in der wir als globale Gemeinschaft zusammenkommen, um eine bessere Modeindustrie zu schaffen. 

Die Revolution findet auf der Straße statt: Schritte auf dem Asphalt machen die Melodie zum politischen Manifest. Entscheidungen werden im Schweigemarsch  eingefordert, Fäuste ballen sich zur skandierten Parole. Wir verstehen  fashion revolution  als Herausforderung unsere gewohnten Denkmuster, Produktionsweisen und  Konsumverhalten nicht nur zu überdenken, sondern als Aufforderung, diese radikal zu verändern. 
Am Samstag, den 24.4.2021 waren wir die Guides am  Wäscheständer zum
 STREET shopping –  Alice & Stella, KDindie, Jan & barbara setzten dabei eigen Tourenschwerpunkte: Jan rollt entlang eines Lebens auf der Straße,  Alice manöverierte den Wäscheständer an der Schnittstellen von Konsum und Nachhaltigkeit auf der Suche nach green fashion, barbara und KDindie  folgen den Spuren von [Geschlechter]Itdentität im Urbanen und Stella interessiert sich für Objekte, die sie findet ohne sie gesucht zu haben.

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